Psychoanalyse wirkt!

Stabile langfristige Verbesserungen durch psychodynamische Therapien.

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Psychoanalyse wirkt, dies konnte inzwischen anhand einer Vielzahl empirischer Studien nachgewiesen werden. Sowohl tiefenpsychologisch fundierte Kurzzeittherapien als auch analytische Langzeittherapien führen unter anderem zu einer Besserung von depressiven Symptomen, Ängsten und interpersonellen Problemen sowie zu einem positiveren Umgang mit sich selbst und einer Steigerung des sozialen Funktionsniveaus (Abbas, Hancock, Henderson & Kisely, 2006; Huber, Zimmermann, Henrich & Klug, 2012; Huber & Klug, 2016, Leichsenring, Rabung & Leibing, 2004; Leichsenring & Rabung, 2011). Die kurzfristige Wirksamkeit scheint vergleichbar mit den Effekten der Kognitiven Verhaltenstherapie (Huber et al., 2012; Huber & Klug, 2016; Leichsenring et al., 2004; Zipfel et al., 2014).
Die Stärke der Psychoanalyse liegt jedoch insbesondere darin, dass ihr Fokus nicht auf dem Beheben von Symptomen sondern auf der Entwicklung und Reifung der gesamten Persönlichkeit liegt. Diese psychische Entwicklung braucht Zeit, bringt aber eine deutlich größere Nachhaltigkeit mit sich: Vergleichsstudien zur Behandlung von Depressionen konnten beispielsweise zeigen, dass Effekte psychoanalytischer Langzeittherapie über das Ende der Behandlung hinaus über Jahre stabil bleiben oder sich sogar noch verstärken (Fonagy et al., 2015; Huber & Klug, 2016; Zimmerman et al., 2015). In Langzeit-Katamnesen zeigten sich für die psychoanalytische Langzeitbehandlung signifikant höhere Remissionen als für tiefenpsychologische Kurzzeittherapien und verhaltenstherapeutische Behandlungen. Neben der symptomatischen Verbesserung ergaben sich stabile Veränderungen bei den interpersonellen Problemen und bei der Persönlichkeitsstruktur (Huber & Klug, 2016; Zimmermann et al., 2014). In der Behandlung von Magersucht bei erwachsenen Frauen konnte ebenfalls gezeigt werden, dass mit einer speziell darauf zugeschnittenen fokalen psychoanalytischen Psychotherapie ein Jahr nach Behandlungsende im Vergleich zu anderen Therapieformen die höchste Remissionsrate erzielt wurde (Zipfel et al., 2014). Von einer intensiven, langfristigen Behandlung mit einem Fokus auf die Reifung der Persönlichkeit scheinen insbesondere Menschen mit komplexen psychischen Erkrankungen zu profitieren. So waren psychoanalytische Langzeittherapien kürzeren und weniger intensiven psychotherapeutischen Verfahren bei der Behandlung von Persönlichkeitsstörungen sowie von multiplen und chronifizierten psychischen Erkrankungen überlegen (Leichsenring & Rabung, 2011).
Doch nicht allein die Dauer einer psychoanalytischen Therapie ist entscheidend für ihre Wirksamkeit: Mehrere Studien konnten zeigen, dass der Behandlungserfolg umso größer war, je stärker psychoanalytische Behandlungstechniken zum Tragen kamen. Diese Ergebnisse fanden sich bei Kurzzeit- und bei Langzeittherapien sowie bei kurzfristigen und langfristigen Symptomverbesserungen (Hilsenroth, Ackerman, Blagys, Baity & Mooney, 2003; Slavin-Mulford, Hilsenroth, Weinberger & Gold, 2011; Zimmermann et al. 2014).
Bildgebende Verfahren unterstützen die Wirksamkeitsbefunde zu psychoanalytischen Behandlungen. So konnte gezeigt werden, dass sich die Hirnfunktion nach Psychoanalysen ähnlich stark wie durch Medikamente normalisierte (Buchheim, Labek, Walter & Viviani, 2013).
Über Wirksamkeitsnachweise hinaus hat sich der Forschungszweig der Neuropsychoanalyse in den letzten Jahren der Erforschung psychoanalytischer Theorien mit Hilfe neurowissenschaftlicher Methoden gewidmet. Untersucht wurden beispielsweise Träume als sinnhafte psychische Prozesse, neuronale Grundlagen von Verdrängung und Abwehr, neuronale Korrelate des kindlichen Bindungssystems sowie Grundlagen und Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit (Röckerath, Strauss & Leuzinger-Bohleber, 2009; Northoff, 2011; Buchheim, Cierpka, Kächele & Roth, 2012; Solms, 2014; Weigel & Scharbert, 2015).